Ist außerirdisches intelligentes Leben mit dem Christentum vereinbar?
Das kommt darauf an, wie wir das Christentum interpretieren“, so die Antwort von Armin Kreiner, Emeritus der Fundamentaltheologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der Arbeitskreis Naturwissenschaft hatte ihn und die Bochumer Astrophysikerin und Direktorin des dortigen Planetariums, Susanne Hüttemeister, zur digitalen Konferenz eingeladen. Mit von der Partie war auch der Kölner Exoplanetenforscher Sascha Grziwa, der bei der Einführung in dieses neue Forschungsgebiet seine Unterstützung angeboten hatte.
Wie Frau Prof. Hüttemeister ausführte, ist nach heutigem Stand der Wissenschaft mittlerweile die Existenz von über 4600 Exoplaneten erwiesen, von denen sich 60 (siehe Zoombild) in der „habitablen Zone“ um einen nahen Stern bewegen und auch von der Größe und Art eine mögliche Eignung für Leben aufweisen könnten. Auch der uns nächstgelegene Stern weist einen solchen Exoplaneten mit Namen Proxima Centauri b auf, ist aber dennoch 4,2 Lichtjahre von uns entfernt, während das Licht unserer eigenen Sonne nur 8 Minuten bis zu uns braucht.
Die einzige Chance zu erkennen, ob auf einer dieser für Leben geeigneten Exoplaneten wirklich auch Leben entstanden ist, scheint die Analyse möglicher Atmosphären auf diesen Exoplaneten, da diese über zusätzliche Spektrallinien im Licht des Sterns, abhängig vom Stand des Planetenumlaufs in einigen Fällen bereits gelungen ist. Das bei möglichen Kandidaten genauer zu untersuchen, soll in Zukunft durch das neue James-Webb-Weltraumteleskop und geplante, noch größere irdische Teleskope ermöglicht werden. Als untrügliches Zeichen für Leben gelten vor allem Linien von Ozon, da sie kaum anders als durch Sauerstoff produzierende, der Photosynthese ähnliche Vorgänge auf einem Planeten möglich erscheinen.
Was wäre, wenn auf einem solchen Exoplaneten nicht nur Leben, sondern intelligentes Leben analog zu dem unseren nachgewiesen würde? Der aufklärerische Philosoph Thomas Paine, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika, formulierte schon vor über 200 Jahren, dass ein solcher Nachweis das Christentum auf einen Schlag erledigen würde, denn es sei ja völlig undenkbar, die christliche Heilsgeschichte kosmisch zu extrapolieren. Diese sei völlig auf Jesus Christus und sein irdisches Erlösungswerk fokussiert.
Diese Argumentation, die seither immer wieder vorgetragen wird, überzeugte Armin Kreiner nicht. Vielmehr schlug er vor, eine Neuinterpretation der Menschwerdung des göttlichen Wortes (Logos) in den Blick zu nehmen, die sich grundsätzlich durchaus in verschiedenen, dafür geeigneten planetaren Welten ereignen könne. Damit wird die Inkarnation allerdings von der historischen Person des Jesus von Nazareth entkoppelt und zur „Metapher“ für ein grundlegendes, erlösendes Ereignis der Verbindung geschöpflich-intelligenten und göttlichen Lebens. Will man nicht in diese Richtung denken, so Kreiner, dann sei man gezwungen anzunehmen, dass das Christusereignis hier auf der Erde kosmisch einmalig ist und demnach von Christen sobald es zukünftig einmal möglich würde, in einer „intergalaktischen Mission“ über das gesamte Universum verbreitet werden müsste.
Wie in der Diskussion deutlich wurde, lag es auch für die Teilnehmenden sehr viel näher, dass ein universaler Heiliger Geist auch auf selbstbewusste, personale Wesen anderer Planeten eine Wirkung mit einer der christlichen Heilsgeschichte vergleichbaren Entwicklung ausübt. Letztlich werfen Erkenntnisse über mögliche, weit entfernte „Verwandte“ somit auch ein Schlaglicht auf unsere eigene Vorstellung von der Inkarnation Gottes.
In einem abschließenden Gottesdienst beschäftigte sich Pfarrer Bernd Weckwerth mit der neuen Welt des Himmels. Dieser müsse nach heutigem Denken immer etwas mit unserem Leben und mit der Entwicklung des Kosmos zu tun haben.
Kurt Schanné und Gerd Weckwerth